Ansprache zum Vereinsjubiläum am 23.07.2016, Gasthof Reiter, 19.30 Uhr
120 Jahre Radsport in Wartenberg/ 20 Jahre Pfingstradrennen
Geschichte der Soli Wartenberg
Ich möchte nachfolgend einen kleinen geschichtlichen Rückblick über unseren Verein geben, wobei dieser nicht den Anspruch auf Vollständigkeit hat, sondern den heute Anwesenden einen kurzen Überblick geben soll. Sofern also anwesende Vereinsmitglieder einzelne Vorkommnisse oder Personen vermissen, so ist dies kein böser Wille sondern liegt dies lediglich daran, den Vortrag nicht zu lange werden zu lassen oder im Zweifel daran, dass ich verschiedene Ereignisse aus der weiter zurück liegenden Vergangenheit selbst nicht weiß.
Auf Anhieb ist eigentlich gar nicht klar zu sagen wann genau das Gründungsdatum der Soli Wartenberg war. Über die Jahrzehnte ist der Verein auch unter verschiedenen Namen aufgetreten. Während in den ersten knapp 20 Jahren der Name „Radfahrer Club“ gebräuchlich war, kam es im Jahr 1928 zu einer Standartenweihe unter dem Namen ARKB (Arbeiter Rad und Kraftfahrer Bund). Nachdem das Vereinsleben in den Jahren des 1. und 2. Weltkrieges zum erliegen kam und der Verein in der Zeit der NS-Diktatur sogar verboten war, ist nach dem 2. Weltkrieg der Name R.K.B. Solidarität Wartenberg gebräuchlich geworden.
Auf das Jahr 1896 stößt man aber dann unweigerlich, wenn man sich unsere Standarte genauer ansieht, die neben dem Wartenberger Wappen die Inschrift „Radfahrer Club Wartenberg 1896 bis 1902“ trägt. Dass der Verein zu dieser Zeit auch wirklich aktiv war, geht aus Vereinsunterlagen hervor die belegen, dass am 17.05.1914 bereits ein 15jähriges Stiftungsfest abgehalten wurde. Wobei ich zu unserer Fahne und zu den Umständen wie es dazu kam, dass diese heute überhaupt noch in unserem Besitz ist, später nochmals zurück kommen werde.
Geht man also von der Fahneninschrift aus, so haben sich bereits im Jahr 1896 einige Wartenberger Burschen und Mädel zum Radfahrer Club Wartenberg zusammengeschlossen und haben damit eine bis heute andauernde Tradition begründet in der in Wartenberg Radsport ausgeübt wurde bzw. der Radsport die Menschen begeistert.
Wenn man sich vorstellt dass Bayern 1896 noch ein Königreich war und Prinzregent Luitpold die Regierungsgeschäfte leitete, oder z.B. im April 1896 die ersten olympischen Spiele der Neuzeit in Athen abgehalten wurden, so macht dies umso mehr deutlich über welch langen Zeitraum nun die Soli in Wartenberg aktiv ist. Wir gehören damit neben dem Arbeiterkranken-unterstützungsverein zu den ältesten Vereinen in Wartenberg.
Während aus den Jahren vor dem ersten Weltkrieg nur wenige Berichte über konkrete Aktivitäten vorhanden sind, ist aus vorhandenem Bildmaterial ersichtlich dass der Verein gemeinsame Ausfahrten organisierte und Radrennen abgehalten wurden. Interessant ist hierbei auch, dass damals auch schon Rennen für Mädchen ausgetragen wurden, wofür so manch andere Sportart noch einige Jahrzehnte benötigte um dies zu ermöglichen.
In den 20iger Jahren und bis zum 2. Weltkrieg wurden teils mehrtägige Vereinsausfahrten incl. Nachtfahrten durchgeführt und benachbarte Vereine im Umkreis von bis zu 100 Kilometern besucht. Alljährlich wurde ein Rennen „Rund um Wartenberg“ ausgerichtet. Damals wurde bereits auch an Rennen in der Umgebung teilgenommen. Überliefert ist, dass Mitglieder der Soli Wartenberg zu dieser Zeit z.B. am Steherrennen auf der Rennbahn in Moosburg teilgenommen haben. Während der Kriegsjahre kam das Vereinsleben dann aber zum erliegen.
Ab 1950 wurde der Verein dann wieder aktiv mit Leben erfüllt. Die Vereinsmitglieder beteiligten sich in der Folgezeit an den verschiedensten Sportarten wie z.B.:
- Auto-Orientierungsfahrten in Süddeutschland
- Geschicklichkeits- und Sicherheitsfahrten (z.B. am 27./28. Juni 1964)
- Trial-Meisterschaft am 18.09.1965 (Rundkurs 10 km 5 Runden)
- Kunstradfahren im Reitersaal
- Rollschuhfahren (5 eigene Paar Rollschuhe)
- Durchführung eines Radkriteriums in Wartenberg (die berühmte Tour de Rocklfing – 600m-Rundkurs; Sieger in der Jugendklasse Ewald Strohmeier, Josef Ramm; 1966 Teilnehmer aus Würzburg, Mannheim, Rosenheim, Organisator Ewald Strohmeier)
- Durchführung eines Straßenrennens „Süddeutsche Meisterschaft“ für die Solidarität Süddeutschland (im Jahr 1973)
- Bundesmeisterschaft im Radrennen am 22.09.1974 für die Bundessolidarität
- Bildersuchfahrten
- Winter- und Sommerwanderungen
Die Solidarität Wartenberg hat bei seinen Aktivitäten auch immer wieder Erfolge vorweisen können, so haben z.B. im Jahre 1964 Georg Angermeier und Isidor Rieger, der von 1962 – 1969 auch Vereinsvorsitzender war, den 1. Platz bei der deutschen Meisterschaft im Sicherheitsfahren in Lahr im Schwarzwald erreicht.
In den 1970er und 1980er Jahren war dann die Zeit der Wanderer und der Wandertage. Es wurde 1970 unter dem damaligen Vorsitzenden Gerd Nebel eine eigene Abteilung „Volkwandern“ gegründet und dann unter der Führung von unserem Ehrenvorsitzenden Hans Mitschke und des damaligen Abteilungsleiters Heinz Listl ab dem Jahr 1971 zu einer Erfolgsstory entwickelt. Es wurden selbst Wandertage in Wartenberg organisiert und es wurden auch Wandertage anderer Vereine mit einer großen Zahl an Mitgliedern besucht.
Die Moosburger Zeitung berichtete am 22.06.1970 vom internationalen Volksmarsch in Moosburg von 3000 Teilnehmern wobei die Soli-Wartenberg den Ehrenpreis für die Teilnehme mit der stärksten teilnehmende Gruppe von 110 Personen erhielt.
Und der Erdinger Anzeiger berichtete am 17.05.1973 dass beim 5. Wartenberger Wandertag der Solidarität 2000 Wanderfreunde mit marschierten, wobei zwei Strecken von 10 und 20 Kilometern angeboten wurden.
Nun nochmal zu unserer Standarte:
Der 6.4.1987 muss für die Soli Wartenberg im Rückblick ein Freudentag gewesen sein. Denn der Bauingenieur Alfred Kudla aus Hamburg übersandte dem Verein ein Packet mit unserer Standarte aus dem Jahr 1896 und folgender Geschichte:
Ein gewisser Xaver Straßberger habe vor 19 Jahren (also 1968) auf dem Boden einer Transportfirma unter Bodenüblichen Ablagerungen die Standarte entdeckt. Sie war in einem sehr schlechten Zustand (verbogen, Stickerei-ornamente kaum noch wahrnehmbar). Er hat die Fahne daher reinigen lassen und es kam ihre Schönheit wieder zur Geltung. Nachdem Sie dem lieben Xaver 19 Jahre Freude bereitet hat, schickt Alfred Kudla Sie nun nach Wartenberg zurück, diese doch der Stolz ehrbarer Wartenberger Vereins- und Sportkameraden war!
Wie und warum die Fahne nach Hamburg gelangte ist bis heute unklar. Für den Verein ist sie aber von unschätzbarem Wert und macht uns tatsächlich heute noch ein bisschen Stolz. Die Fahne wurde dann von der Soli Wartenberg in der Folge für mehrere 1000 DM renoviert.
Dass bei der Soli Wartenberg immer schon genauestens abgerechnet wurde zeigt sich daran, dass nach der Verweildauer von 19 Jahren in Hamburg die Reinigungsgebühren für die Standarte und die Postgebühr von DM 48,60 natürlich sofort erstattet wurden. Ein Blick in Kassenbuchaufzeichnungen aus dem Jahr 1967 gibt z.B. darüber Auskunft dass der Jahresbeitrag damals bei DM 5,00 lag und dieser immerhin in Vierteljahresraten erhoben wurde!
Ab Anfang der 90iger Jahre ist dann wieder der Radsport in den Mittelpunkt gerückt. Zum Einen wurde eine Radsportjugendgruppe gebildet die regelmäßig trainierte und im Bereich Oberbayern an Jugendstraßen- und Mountainbike-Rennen teilnahm. Zum Anderen wurde 1995 das 1. MTB Rennen am Weiseberg/ Herz-Jesu-Berg ausgerichtet. Dass damals auch schon mal mit widrigen Witterungsbedingungen zu kämpfen war, zeigt eine Überschrift in einem Zeitungsbericht vom 29.10.1996 mit dem Titel „Dreck ist Trumpf bei den Crossbikern – schwierige Strecke fordert materiellen Tribut“. Damals nahmen bereits mehr als 50 Teilnehmer an den Rennen teil. In den Jahren 2003 und 2004 fanden die Mountainbike-Rennen dann in Schachtelberg und später dann an der Skischanze des SC Auerbach satt.
Nachdem das zu damaliger Zeit am Pfingstmontag stattfindende Ochsen- und Pferderennen nicht mehr zustande kam, machte im Jahre 1997 der damaligen 1. Bürgermeisters Gustav Weltrich den Vorschlag ein Radrennen am Pfingstmontag am Marktplatz durchzuführen. Dieser Vorschlag wurde von der Soli Wartenberg prompt aufgegriffen. Eine regionale Zeitung titelte daraufhin „Am Pfingstmontag folgen in Wartenberg den Ochsen die Radfahrer!“
Zwischenzeitlich konnten wir das Kriterium, das heuer bereits zum 20 mal durchgeführt wurde, zu einem Klassiker im bayerischen Radsportkalender entwickeln, wobei uns von Fahrern aus nah und fern bestätigt wird, dass es hier besonders viel Spaß macht teilzunehmen, weil aufgrund des engen Rundkurses inmitten der Ortschaft und durch die vielen Zuschauer eine besondere Rennatmosphäre und eine tolle Stimmung aufkommt. Über die Jahre hatten wir neben der bayerischen Radsportelite auch immer wieder Teilnehmer aus Österreich oder der Tschechischen Republik. Ein Höhepunkt war sicherlich die Teilnahme des zweifachen Olympiasiegers Jens Lehmann im Jahr 2004.
Besonders freut es uns natürlich, dass im Jubiläumsjahr 2016 unser Vereinsmitglied Florian Maier als erster Wartenberger das Jedermann-Rennen gewinnen konnte.
Dass sich die Soli Wartenberg immer schon auch für Trendsportarten offen gezeigt hat konnte man in den 60er Jahren schon an der Rollschuhgruppe erkennen. Seit dem Jahr 2008 hat die Solidarität nun eine eigene Dirt-Bike-Abteilung und unter Aufbietung erheblicher Arbeitskraft und finanziellen Mitteln des Vereins das Bikepark-Gelände errichtet. Unter der Führung meines Vorgängers Josef Ebner und mit tatkräftiger Unterstützung durch die Initiatoren Thomas Hellinger und Florian Maier konnte die erste Anlage dieser Art im Landkreis Erding errichtet werden.
Auch im sportlichen Bereich ist es in den letzten Jahren stetig bergauf gegangen was wir natürlich unserem Sportlichen Leiter Klaus Schauer zu verdanken haben, der inzwischen eine doch recht schlagkräftige Gruppe von 10 – 20 Fahrern und Fahrerinnen aufgebaut hat die unter dem Namen Team Schauer/ Soli Wartenberg bei Rennen in nah und fern teils recht weit vorne auf den Siegerlisten erscheinen.
Unser Verein zählt heute 122 Mitglieder und ist Mitglied im BLSV und im BRV.
Es bliebe noch vieles zu erzählen, dass z.B. seit dem Jahr 1996 unsere Vereinsmeisterschaft in Kirchberg beim Heilmeier Adi als Einzelzeitfahren stattfindet. Dazu aber mehr von meinem Stellvertreter Robert Schweiger später.
Besonders bedanken darf sich die Soli Wartenberg aber beim Markt Wartenberg. Denn bei allen Aktionen und Veranstaltungen die sich der Verein über die Jahrzehnte hat einfallen lassen, seien es Radrennen, Wandertage oder der Bike-Park so hatte der Markt Wartenberg immer ein offenes Ohr für uns und hat uns immer auch finanziell tatkräftig unterstützt.
Nun will ich aber mit dem Rückblick schließen. Zusammen mit Andi Ebner habe ich in den letzten Wochen viele alte Vereinsunterlagen gesichtet. Sicherlich wäre noch das ein oder andere Schmankerl erwähnenswert. Dies würde aber den zeitlichen Rahmen sprengen. Vielleicht finden wir im Anschluss an die nächste Jahreshauptversammlung noch Zeit das Ein oder Andere zu zeigen.
Vielen Dank.
Markus Remde
1. Vorsitzender